Gesundheitsbildung & Herzensbildung

Der Weltherztag wurde aus einem Notstand heraus ins Leben gerufen, da Herz-Kreislauf-Krankheiten weltweit die Todesursache Nummer 1 bilden. Am Welttag des Herzens wird die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die präventive Gesundheitserziehung des Herzens gelenkt. Das weltweite Angebot der kardiologischen Initiativen basiert hauptsächlich auf einem reduktionistischen Menschen- und Weltbild und ist auf die kardiovaskuläre Gesundheit beschränkt. Es ist jedoch Fakt, dass ein gebrochenes Herz Auswirkungen auf das Herz-Organ hat* oder dass Freude dem Herzen gut tut.
»Das Herz der Kardiologie pumpt, versagt, de- und repolarisiert, rupturiert, fibrilliert. Das Herz der Kordiologie singt, lacht, weint, klagt, blutet«
Herzgesundheit bedeutet immer die untrennbare Verbindung von kardiovaskulärer und psychosozialer Gesundheit und zwar nicht einzeln nebeneinander existierend, sondern ineinander verwoben. Gesundheit als Zustand körperlichen und geistigen Wohlergehens betrachtet, macht die psychosomatische Sicht in einem progressiven Medizinsystem unverzichtbar. Einen aufgeschlossenen und fruchtbaren Ansatz hierzu liefert der Schweizer Kardiologe Thomas Nager. In (1993) merkt er an: »Das Herz der Kardiologie pumpt, versagt, de- und repolarisiert, rupturiert, fibrilliert. Das Herz der Kordiologie singt, lacht, weint, klagt, blutet« und »Jeder Arzt, dem kranke Herzen anvertraut sind, sollte einerseits kompetenter Kardiologe, andererseits einfühlsamer Kordiologe sein«. 2012 widmete SPIEGEL WISSEN diesem kordiologischen Ansatz, also der Lehre vom Herzen als Sinnbild, einen Artikel. Darin wird Nagers Überzeugung festgehalten, dass die ganzheitlichen Bilder des Menschen, die Künstler, Schriftsteller und Philosophen von jeher entworfen haben, dafür eine nicht zu unterschätzende Orientierung böten. Der Herzkenner wird im Anschluss folgendermaßen zitiert: »Kordiologie könnte uns aufzeigen, dass Kardiologie eingegliedert ist in ein Netz von Entsprechungen, Analogien und tieferen Bezügen, die wir bis jetzt zu wenig berücksichtigt haben; dementsprechend kann sie uns auch für eine psychosomatische Betrachtungsweise sensibilisieren.«**
Am ganzen Menschen interessiert lädt homo cordis am Jahrestag des Herzens dazu ein, die Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Bedeutungsebenen des Herzens zu richten. Das Angebot am Weltherztag, in dem es um Herzensbildung und Herzgesundheit geht, lässt neben PhilosophInnen, DichterInnen, KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen vor allem junge Menschen ins Bild treten. Ein Augenblick, in dem herzbelebende Aktivitäten zur Herzgesundheit kreiert werden, die Herzensfreude schaffen, die Herz und Geist weiten, ist ein schöner Ausblick.
* Beim Broken-Heart-Syndrom, ausgelöst durch eine schwere emotionale Belastung, schüttet der Körper eine Überdosis Adrenalin und andere Stresshormone aus. Eine Verengung der Herzkranzgefäße und die beeinträchtigte Blutzirkulation sowie die Veränderung der Form des Organs sind Folge der Krankheit. Catalina Schröder: MEIN HERZ. Was es schwächt, was es stärkt, was es heilt. SPIEGEL WISSEN 3/2012
** Rainer Traub über Frank Nager: SPIEGEL WISSEN 3/2012
von Ilknur Özen
aus dem Nachwort der Anthologie herzsichtig?! (Mainz 2014)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen